Jeden Sonntag strahlte der West-Berliner Radiosender RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) "Das klingende Sonntagsrätsel" aus. Zu sechs eingespielten Melodien ergab sich ein Lösungswort, das die Zuhörerinnen und Zuhörer per Post an die Redaktion schicken konnten. Der Sender wollte über die Adressen der Absender die Reichweite der Sendeantennen testen. Insbesondere die Zuschriften aus der DDR waren hierzu von besonderem Interesse, zeigte dies dem RIAS doch, wie weit der Sender in der DDR empfangen werden konnte.
Viele Menschen aus der DDR beteiligten sich am Rätselraten. Neben dem Lösungswort schrieben sie Episoden aus ihrem Alltag in der DDR. Die Stasi stufte den Sender als feindliche Organisation ein, da er mit seinen hohen Reichweiten unzensierte Nachrichten in die DDR ausstrahlte. Mit dem RIAS Kontakt aufzunehmen konnte daher als "ungesetzliche Verbindungsaufnahme" strafrechtlich verfolgt werden und mit einer Haftstrafe enden.
Die Stasi fing viele Briefe an den RIAS ab und wertete sie aus. Auch wenn die Briefeschreiber ihren Namen nicht nannten, suchte die Stasi nach Anhaltspunkten, um die Person zu identifizieren. Hierzu verglich sie Schriftproben oder versuchte über persönliche Informationen der Briefeschreiber Rückschlüsse zu ziehen. Bei der Rückverfolgung der Briefe versuchte die für Postkontrolle zuständige Abteilung M auch Deckadressen zu berücksichtigen, an die die Briefe zur Weiterleitung geschickt werden sollten.
Die überlieferten Unterlagen im Archiv zeigen, welche Konsequenzen dies für die Betroffenen haben konnte. Kritische Äußerungen zur DDR verfolgte die Hauptabteilung XX der Staatssicherheit. In angelegten Aktenvorgängen sammelte die Geheimpolizei verdeckt Informationen über die Betroffenen. In der Folge beobachtete die Stasi die Betroffenen zum Teil noch viele Jahre und verfolgte sie strafrechtlich.
Wie die Stasi Post abfing und mitlas erfahren Sie in der Ausstellung. Weitere Informationen zu Öffnungszeiten und regelmäßigen Führungsangeboten finden Sie hier.