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Die archivierte Personenkontrolle "Schreiber"

Im Januar 1986 beschlagnahmte der DDR-Zoll am Grenzübergang Gutenfürst acht Umschläge aus dem Gepäck einer Rentnerin. In ihnen befanden sich Exemplare einer Broschüre zur Punkbewegung in der DDR. Für die Stasi kam der Fund u.a. dem Versuch eines "Angriffs auf die DDR" gleich. Der Beweis einer Subkultur, deren Mitglieder eher Anarchie und Rebellion zugetan waren, schadete in den Augen des SED-Regimes der Außenwirkung des Staates.

Urheber der Schriften war Gilbert Radulovic, der 39-jährige Sohn der Rentnerin. Umgehend legte die Hauptabteilung XVIII der Stasi eine Akte mit dem Decknamen "Schreiber" zur Überwachung Radulovics an und verfolgte nun jeden seiner Schritte. Im März 1984 wurde Gilbert Radulovic von vier Stasi-Offizieren von seinem Arbeitsplatz abgeholt, in das Untersuchungsgefängnis Magdalenenstraße gebracht und dort vernommen.

Nach wenigen Monaten sah die Stasi den Verdacht der "ungesetzlichen Verbindungsaufnahme" und "staatsfeindlichen Hetze" bestätigt und übergab den Vorgang der Ost-Berliner-Staatsanwaltschaft. Gilbert Radulovic wurde zu zwei Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt.

Zu seiner Person findet sich eine weitere Beispielakte in der Sammlung. Die archivierte Operative Personenkontrolle (AOPK) "Kopernikus" aus dem Jahr 1980.
Daneben findet sich dort auch die Kaderakte von Wolgang Mascher. Dieser war als Stasi-Vernehmer an den Verhören von Herrn Radulovic beteiligt.

Grau Papp Aktendeckel mit Aufdruck AOPK Schreiber
Publikation

"Blick in einen Zerrspiegel"

Der Fall Gilbert Radulovic in den Stasi-Unterlagen

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) sammelte und verarbeitete zahlreiche Informationen zu Personen, an denen es interessiert war. Auf welche Art und Weise dies geschah, wie sich diese Informationen in den Akten wiederfinden und welche tiefgreifenden Folgen daraus für eine betroffene Person erwachsen konnten, zeigt dieses Dokumentenheft.